Zwischen Fußball-Euphorie und Turnup: Die FM4 Bühne am Donauinselfest 2024 (2024)

FM4 eröffnet die Festbühne des Donauinselfests 2024 mit NNOA, Resi Reiner, Clueso, Juju und Provinz - und die Fußballfans feiern mit.

Auf Facebook teilen Auf X teilen

Von Melissa Erhardt

Österreichfahnen in der Crowd des Donauinselfests: Das gibt es auch nur, wenn Österreich parallel zum größten Freiluft-Musikfestival des Landes um den Einzug ins Achtelfinale der Fußball-EM wettert. Aber Fußball und Nationalstolz hin oder her: Die Menschen sind auf die Donauinsel gekommen, um sich treiben zu lassen. So wie jedes Jahr eben. Ein bisschen heiß ist es dafür anfangs noch, heiß und schwül, aber das lässt zumindest gleich mal Inselfeeling aufkommen.

von

Zwischen Fußball-Euphorie und Turnup: Die FM4 Bühne am Donauinselfest 2024 (1)

Zum zweiten Mal gebührt FM4 die Ehre, die große Festbühne zu eröffnen - und wer eignet sich dafür besser als NNOA mit ihrem soulig-warmen R’n’B/Pop?
Während ihre Mutter brav den Merch-Stand schmeißt, nimmt die Wiener Musikerin die Bühne mit einer professionellen Leichtigkeit ein, von der andere nach jahrelangen Auftritten wohl noch träumen dürften. Sie kann mit der Bühne, sie kann mit den Kameras, und sie kann definitiv Donauinselfest. Songs wie die neue Single „Tiara“ fühlen sich an wie eine dieser Umarmungen von seinem Lieblingsmenschen, („Aufmunterungshymne“ nennt es NNOA liebevoll) und erinnern an die soulvollen Nummern einer Lianne La Havas und vielleicht auch einer Sara Bareilles. Genau richtig also, und unbedingt merken!

von

Zwischen Fußball-Euphorie und Turnup: Die FM4 Bühne am Donauinselfest 2024 (2)

Ein Stück verträumter geht es mit Resi Reiner weiter. Ein grauer Himmel, ein angenehmes Lüftchen: Das passt dann eigentlich auch schon perfekt zur Stimmung. (Selbst-)inszenierung ist bei Resi Reiner und Band genauso ein (weit hergeholtes) Fremdwort wie Pathos. Brauchen diese fünf Menschen auch gar nicht. Auf der Bühne glänzen sie mit cutem Humor („Ihr seid ein sogenanntes Slay-Publikum, so scheint mir“) und Songzeilen à la „In der U-Bahn schreit ein Typ ‚Du Arschloch‘, bin da ich gemeint?“.

Das sind Lieder übers Leben, über die vielen kleinen unangenehmen Encounters („Naja geht so“), die Unausweichlichkeiten, denen wir doch lieber ausweichen („Volare“) oder die apathischen Stunden des Tik-Tok-Scrollens und Kaffee-Trinkens („Bialetti“). Dazu kann man gut schunkeln (links, rechts, links, rechts) und schmunzeln, und das macht Resi sowieso am besten. Zu „Volare“ gibt’s einen kurzen Gastauftritt von Rahel, zum Schluss ein Cover von Vicky Leandros „Ich liebe das Leben“ und die Sache ist rund wie der Dichtungsring der so viel besungenen Bialetti. In der Band spielt am Freitag neben Laura Breitfuss von Cousines Like sh*t übrigens auch Sophia Derntl aka sovie, die am selben tag ihren EP-Release feiert.

Dann, um es kurz zu machen, doch wieder Fußball. Österreich gewinnt, da sprudelt die Euphorie bei so manchen nur so über („Fußball-Gegröle“ wird Juju später dazu sagen und es auf sehr charmante Weise imitieren). Euphorie also, und tanzen. Tanzen und feiern. Das geht zu Clueso dann wirklich nicht schlecht.

Es waren die späten 2000er, als Clueso mit Hits wie „Gewinner“ oder „Chicago“ seinen Durchbruch hatte. Ob das so ein nostalgisches, in alten Zeiten-schwelgen-Konzert wird, solche Zweifel hätten da vorab vielleicht aufkommen können.
Davon aber keine Spur: Da hatte jemand nämlich wirklich Bock, eine gute Show zu liefern. Nicht allein, sondern gleich in Neuner-Formation, inklusive Saxophon und Last-Minute-Keyboarder Albin Janoska aus Wien. Der geht sonst etwa mit Sohn auf Tour oder produziert für Conchita, am Donauinselfest springt er für den eigentlichen Keyboarder ein (der irgendwo in Deutschland verloren gegangen ist).

Clueso packt das ganze Paket aus: Wellen von hinten bis vorne, Springen zum Beatdrop und natürlich die guten alten und gediegenen Dancemoves. „Nur zusammen ist man nicht allein“ heißt es in dem Song mit den Fantastischen Vier und ja, das ist vielleicht kitschig, trifft dann aber eben doch auch gut zu auf diese Menge an Menschen, die sich da zusammengefunden haben – und von denen die ersten auch schon wieder auf den nächsten Act warten: Juju.

von

Zwischen Fußball-Euphorie und Turnup: Die FM4 Bühne am Donauinselfest 2024 (4)

Gute fünf Jahre ist es her, seit Juju ihr erstes und einziges Soloalbum „Bling Bling“ veröffentlicht hat. Eine Woche nach Release ist die Berlinerin damals ebenfalls am Donauinselfest aufgetreten, nur eben auf der weitaus kleineren Eutopia-Bühne. Es war damals erst ihr zweites Festival, seit sie und SXTN-Partnerin Nura beschlossen hatten, getrennte Wege zu gehen. Ein neuer Start für die heute 31-jährige.

Viel musikalisches Material ist seither nicht dazugekommen, die Setliste 2024 könnte bis auf wenige Ausnahmen fast ident mit der aus 2019 sein. Aber das macht gar nichts, denn – und diese Zeilen schreiben wir bestimmt nicht zum ersten Mal - diese Frau ist live einfach unschlagbar. Das weiß auch die Crowd, die womöglich eine der heterogensten im aktuellen Deutschrap ist. Da sind die ehemaligen SXTN-Fans, die von ihrem (niemals so explizit betitelten) feministischen Geist abgeholt wurden, die traditionelleren Rap-Fans, die ihre harten Flows feiern und die Pop-Girlies, die auf dem Album „Bling Bling“ ein Zuhause gefunden haben. Und auch wenn das bei weitem keine all-FLINTA-Crowd war: Das war definitiv ein Act, der für die Girlies gebucht wurde. Einmal mitkreischen zu „Du willst mich ficken, aber du darfst es nicht, weil ich’s verbiete“ und dabei die Energie spüren, die da hochkommt – ich kann es nur wärmstens empfehlen.

von

Zwischen Fußball-Euphorie und Turnup: Die FM4 Bühne am Donauinselfest 2024 (5)

Wenn die grellen Laser der Kronehitbühne den Himmel über der Donauinsel zieren, dann ist die Zeit für den letzten Act gekommen. Für die FM4 Bühne am Donauinselfest 2024 heißt dieser: Provinz, diese Indie-Pop-Überflieger aus der oberschwäbischen Gemeinde Vogt, „drei Cousins und Leon am Schlagzeug“. Die Burschen lassen sich zwar ein paar Minuten länger Zeit als geplant, dann sind da aber rote Scheinwerfer, ein akustisches Set, und los geht’s. Hier wird wieder geschunkelt, in den Armen gelegen und geträumt, jetzt aber mit Unterstützung der Nacht. „Ich will nicht in die Großstadt, ich hab keinen Bock mich zu verlieren“ ist nur eine dieser Songzeilen, bei denen die Menschen andocken und fühlen. Ein schöner Abschluss eines noch schöneren Abends.

Das Schönste des Abends ist dann aber doch auch das Offensichtlichste: Die Zugänglichkeit. Gerade jetzt, wo Konzerte und Festivals immer mehr zum Luxusgut werden, zu Gatekeeping-Events mit einer ziemlich spürbaren Schranke, genau jetzt sind solche Wochenenden mit kostenloser und niederschwelliger Live-Musik Gold wert. Sich Acts anschauen, die vielleicht ganz weit weg sind von der eigenen Realität, die Chance haben, neue Musik zu entdecken, einen Song zu entdecken, einen Moment zu erleben, der sich einprägt – schließlich geht es doch genau darum, am Donauinselfest.

Publiziert am 22.06.2024

Auf Facebook teilen Auf X teilen

Seitenanfang

Zwischen Fußball-Euphorie und Turnup: Die FM4 Bühne am Donauinselfest 2024 (2024)

References

Top Articles
Latest Posts
Article information

Author: Virgilio Hermann JD

Last Updated:

Views: 6497

Rating: 4 / 5 (41 voted)

Reviews: 88% of readers found this page helpful

Author information

Name: Virgilio Hermann JD

Birthday: 1997-12-21

Address: 6946 Schoen Cove, Sipesshire, MO 55944

Phone: +3763365785260

Job: Accounting Engineer

Hobby: Web surfing, Rafting, Dowsing, Stand-up comedy, Ghost hunting, Swimming, Amateur radio

Introduction: My name is Virgilio Hermann JD, I am a fine, gifted, beautiful, encouraging, kind, talented, zealous person who loves writing and wants to share my knowledge and understanding with you.